Die „Goldene Henne“ hatte bereits im Jahre 1608 neben wenigen anderen Brauhöfen auch die Gastgerechtigkeit inne.

Gasthäuser waren oftmals auch Logierhäuser,

Historische Außenansicht

boten also Übernachtungsmöglichkeiten. Bestes Haus am Platze“ wie es lange Zeit hieß, war die „Henne“, so auch gepriesen in vielen Thüringer Reisebeschreibungen dieser Zeit. Hier übernachten häufig Vertreter aus besseren Kreisen wie z.B. Neidhardt von Gneisenau, der Dichter Willibald Alexis um nur einige zu nennen. Historisch belegt sind auch häufige Aufenthalte der Familie Bach, der Marlitt und von Bechstein in den gemütlichen Schankstuben der „Goldenen Henne“. Auch Vertreter der Politik ließen es sich nicht nehmen im „Besten Haus am platze“ Station zu machen.

Überliefert ist ein Aufenthalt von Bismarck im Jahre 1850, bei dem er sich „durch ein reichliches Frühmahl von delikaten Schmerlen und einem Boxbeutel von 1811“ hat schmecken lassen. Der Chef der deutschen Postverwaltung, sr. Excelenz der Herr Generalpostmeister Stephan weilte am 11. Juli 1881 einige Stunden im Gasthof „Goldene Henne“. Im Jahre 1865 erfolgte der Anbau des nördlichen Seitenflügels als Speise- und Tanzsaal. In der Zeit Arnstadt´s als Solebad, war die „Goldene Henne“ ein von Kurgästen gut besuchtes Haus.

Viele gesellschaftliche und private Feierlichkeiten fanden in den Räumlichkeiten der „Henne“, unter anderem im Prunkstück des Hauses, dem Stucksaal statt. Für das Wohlhabende Bürgertum und den Adel war es gesellschaftliche Pflicht in der „Goldene Henne“ zu feiern. Es sind noch heute viele Speisekarten, teilweise Bilder und genügend Anekdoten aus dieser Glanzzeit des Hauses vorhanden. Als Beispiel sei hier genannt die fürstliche Speisekarte. des Festessens aus Anlass der 1200-Jahrfeier der Stadt Arnstadt aus dem Jahr 1904.

Im Jahre 1865 erhielt die Jungfrau Christiane Frederike Köthe für 10 1/4 Jahre treue Dienste ein Legat der Fürstin Caroline in Höhe von 10 Talern, was die gesellschaftliche Bedeutung des Hauses in dieser Zeit unterstreicht. Ein Gast aus Übersee konnte am Dienstag, dem 4. März 1879 begrüßt werden. Herr Armin Tenner aus Cincinnati gab im Stucksaal der „Goldene Henne“ eine Vorführung eines „Edison Phonograhpes“, auch „Schallschreiber“ genannt.

Bedeutung hatte die „Goldene Henne“ auch für das Vereinsleben der Stadt Arnstadt und Umgebung. So wurde u.a. der Geflügelzuchtverein und Vogelschutzverein am 19. Oktober 1880 im Gasthaus „Goldene Henne“ gegründet. Der landwirtschaftliche Verein „Zur Goldnen Henne“ wurde im Jahre 1872 gegründet. Der Verein für fakultative Feuerbestattung zu Arnstadt wurde 1897 von 37 Personen aus Protest heraus, das der langjährige „Goldene Henne“ Herr Oscar Maempel, welcher am 21. Oktober 1897 verstorben war, zu Lebzeiten verfügt hatte, in Gotha verbrannt zu werden. Dies war der Grund warum die Segnung seiner Leiche im Sterbehaus von der Kirche verweigert wurde.

Am Sonnabend, dem 2. April 1900 fand im Gasthof „Goldene Henne“ eine längere Besprechung über die projektierte Eisenbahn Gotha-Arnstadt statt. Die mehrstündigen Verhandlungen führten zu dem Beschlusse, wegen der ablehnenden Haltung des preußischen Eisenbahn-Ministers, eine Kleinbahn zu bauen. Zwei Projekte sollen ausgearbeitet werden, elektrischer und Dampf-Betrieb. Am 22. Juni 1918 traf ein Transport von etwa 500 Verwundeten in Arnstadt ein, was dazu führte, dass u.a. auch die „Goldene Henne“ unter Leitung des Medizinalrates Dr. Toelle kurzfristig als Lazarett diente. Besitzer des Gasthofes um 1823 war Kommerzienrat Maempel. Er befand sich auch vorher schon, viele Jahre lang, in dem Besitz der der hoch geachteten Familie Maempel. Der Gasthof war wohl der bedeutendste der Stadt, der allen Ansprüchen, auch der höchsten Herrschaften, genügte. Nach dem Tod von Oskar Meampel  um 1890 führte seine Witwe die Gaststätte weiter. Am 3. Januar 1899 übergab sie den Gasthof an ihren Sohn Paul Maempel.

Der Gasthof ging Ende 1906 in den Besitz einer Aktiengesellschaft über. Pächter ab 1.Januar 1907 war Paul Fröhlich (langjähriger Oberkellner in Erfurt´s“ Europäschen Hof“). Der Besitzer Edmund Böttner war während des 1.Weltkrieges zum Heeresdienst eingezogen worden. Am 11. Mai 1919 eröffnete er sein Hotel neu. Der spätere Besitzer, Herr Heyne, ließ 1921 die Räume des Restaurants vergrößern. Am 3 März 1921 war Neueröffnung.

Die Stadt Arnstadt kaufte Anfang Oktober 1922 das Hotel „Goldene Henne“. Es wurde als Altersheim umgebaut. Man richtete acht Wohnungen für ältere Bürger ein. Am 26. April 1923 hielt die erste Familie ihren Einzug. Eine außerdem errichtete „Notstandsküche“ eröffnete am 17. Mai 1923. In der Woche vom 1. bis 31. Januar 1924 wurden z.B. für Kleinrentner, Erwerbslose und Stadtarme 826 ganze und 276 halbe Portionen verabreicht. In den Folgejahren diente, insbesondere in Folge des 2. Weltkrieges, die „Goldene Henne“ als Armenhaus und Notstandsquartier. So wohnten 1946 über 120 Personen im Hause. In den 1950er Jahren begann man durch Einzug von Wänden und zusätzlichen Schornsteinen  die ehemalige Struktur des Hauses als Gast- und Logierhaus grundlegend zu Gunsten von Wohnungen zu ändern. Dem viel auch der Stucksaal zum Opfer, in dem ebenfalls massive Wände und Schornsteine eingezogen waren. Den Charakter als Wohnstätte für sozial schwache Familien behielt das Objekt bis in die 1990er Jahre 1993 wurde das Haus von der Stadt Arnstadt öffentlichen ausgeschrieben und von der Familie Becker erworben. Zu diesem Zeitpunkt wohnten noch 13 Familien im Haus. Auf Grund der sozialen Mieterstruktur über Jahrzehnte war das Haus zu diesem Zeitpunkt teilweise in einem abrissreifen Zustand. Unabhängig davon wurde der Gebäudekomplex auf Grund seiner historischen Substanz als Einzeldenkmal gewidmet. Ab 1993 begann die Planung für die Wiederherstellung dieser historischen Bausubstanz, deren Umsetzung ab dem Jahr 2001 beendet werden konnte. In diesem Zeitraum musste 6 Jahre mit Mietern prozessiert werden, bis hin zur teilweisen Stellung von Ersatzwohnraum für 3 Familien in der so genannten „Kleinen Henne“. Die behördlichen Genehmigungen und Abstimmungen nahmen einen Zeitraum von 8 Jahren ein, auch bedingt durch die ständige Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfeldes und damit der Finanzierungsbasis für das Gebäudeareal „Goldene Henne“. Aus dem Haus musste während der Sanierungsphase ca. 110 Tonne Mietermüll und ca. 500 Tonnen reiner Bauschutt entfernt werden. Der gesamte Sanierungsaufwand betrug 3 Milionen Deutsche Mark. Am 4. Juni 2001 zu Pfingsten, wurde die Gastronomie in alter Pracht nach über 80 Jahren wieder aufgenommen. Seit dieser Zeit bemüht sich Familie Becker und alle Mitarbeiter des Hauses den Gästen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten entsprechend der jahrhunderte langen Tradition dieses berühmten Gast- und Logierhauses.

Die „Goldene Henne“ hat wieder ihren Platz im kulturellen Leben der wunderschönen Altstadt von Arnstadt.

Tradition verpflichtet!
Familie Becker Arnstadt, im April 2002